Formulierungs-Falle im Testament: Barvermögen-Vermächtnis kann auch Kontoguthaben umfassen
In einem Testament kann der Testierende nicht nur seine Erben bestimmen und diese (zu Erbquoten) an seinem ganzen Vermögen unmittelbar beteiligen. Es besteht auch die Möglichkeit, Dritten oder einem Erben (zusätzlich) zu seinem Erbteil einen bestimmten Gegenstand als (Voraus-) Vermächtnisses zugutekommen zu lassen. Ein solches Vermächtnis kann auch Geld zum Gegenstand haben. Doch bei der rechtssicheren Formulierung im Testament ist Vorsicht geboten: Die Formulierung, dass einem Begünstigten das bei dem Erbfall vorhandene Barvermögen vermacht werden soll, wurde von dem Oberlandesgericht Oldenburg so ausgelegt, dass neben Münzgeld und Banknoten sämtliche liquiden Mittel gemeint sein sollen (OLG Oldenburg, Urteil vom 20.12.2023 – 3 U 8/23). Begründet wurde diese Auslegung mit der abnehmenden Bedeutung von Bargeld im engeren Sinne und steigender Relevanz des bargeldlosen Zahlungsverkehrs.
Für die Erben kann eine ungenaue Formulierung des Erblassers ein böses Erwachen bedeuten, wenn die Erben nicht nur die „Notgroschen“ aus dem Haushalt des Erblassers (im entschiedenen Fall knapp 2.000,- €), sondern darüber hinaus auch noch das ganz erheblich umfangreichere Konto-, Sparbuch- und Tagesgeldguthaben an den Vermächtnisnehmer zur Erfüllung des Vermächtnisanspruchs herausgeben müssen (im entschiedenen Fall immerhin 150.000,- €). Wertpapiere fallen hingegen nicht unter den Begriff des Barvermögens. Vielmehr werden Wertpapiere durch den erweiterten Begriff des Kapitalvermögens mit abgedeckt, der das Barvermögen einschließlich und darüber hinaus weiterer Kapitalwerte in Geld beschreibt.
Daher sollte bei Erstellung eines Testaments mit Vermächtnis präzise bestimmt werden, welche Gegenstände konkret von dem Vermächtnis umfasst sein sollten (und welche nicht). Wenn der Vermächtnisnehmer zugleich Erbe ist, sollte zudem im Testament klargestellt werden, ob der Wert des zugewendeten Gegenstandes auf den Erbteil anzurechnen ist, es sich also um eine bloße Teilungsanordnung handelt oder, ob der Gegenstand zusätzlich zum Erbteil vermacht werden sollte (sog. Vorausvermächtnis).
Im Zweifel sollte ein auf das Erbrecht spezialisierter Rechtsanwalt hinzugezogen werden, der bei der Formulierung oder Auslegung eines Testaments die rechtssichere Umsetzung des letzten Willens gewährleistet – ganz ohne böse Überraschungen.